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"Keine Ressourcen vergeuden" - Ein Interview mit Michael Himmelstoß zur künftigen Rolle des Fachredakteurs

Der Umgang mit Social Media, Herausforderungen in der Ausbildung von Nachwuchskräften und die Weiterbildung von Redakteuren sind wichtige Themen in deutschen Fachmedienhäusern. Wie Verlage sie angehen können, erläutert Michael Himmelstoß, Chefredakteur im Carl Hanser Verlag (München), Vorsitzender der <link redaktion external-link-new-window>Kommission Redaktion der Deutschen Fachpresse und Referent der Akademie des Deutschen Buchhandels, einem Interview mit der Akademie.

 

Akademie des Deutschen Buchhandels:Die aktuelle Fachpresse-Statistik zeigt, dass digitale Angebote neben Veranstaltungen momentan die größten Umsatztreiber in Fachverlagen sind. Werden in Zukunft vorwiegend Online-Redakteure gebraucht?

Michael Himmelstoß: Ich bin froh, dass die Bemühungen der Fachverlage, mit Fachinformationen auch online Geld zu verdienen, heute schon in einigen Bereichen honoriert werden. Allerdings stellt man fest, dass es in aller Regel nicht die fachjournalistischen Inhalte sind, die den Umsatz bringen. Das bessere Verständnis in den Redaktionen hinsichtlich der Bedürfnisse der Online-Community, neue Formate wie Videocasts, und ein effizienter Online-Verkauf sind hier aus meiner Sicht wesentliche Erfolgsfaktoren. Vor diesem Hintergrund brauchen wir eigentlich nicht mehr Online-Redakteure, sondern gut ausgebildete Fachredakteure, die neben der fachlichen Kompetenz die komplette Klaviatur unserer modernen Medienwelt beherrschen.


Wie ist der Anteil der Print-/Online-Redakteure bei Hanser im Augenblick und wie wird es in 5 Jahren aussehen?

Michael Himmelstoß: Wir unterscheiden nicht mehr zwischen Print- und Online-Redaktion. Die Redakteure sind heute vielmehr Fachinformationsmanager, die klug auswählen, welche Informationen online, welche im Premium-Medium Zeitschrift und welche im Newsletter publiziert werden. Hierbei achten sie auf die Vernetzung der Medien, wo dies Nutzen für unsere Zielgruppen schafft. Online ist schließlich kein Selbstzweck sondern ein fantastisches Medium, um eine erweiterte Zielgruppe aktuell zu bedienen. Vor diesem Hintergrund führen wir derzeit auch ein voll integriertes Content-Managementsystem ein, das die Redakteure in die Lage versetzt, erstmals alle Medienkanäle ohne Systembruch zu befeuern.

 

Wie können Print-Redakteure erfolgreich den Sprung in die Online- bzw. Crossmedia-Welt schaffen?

Michael Himmelstoß: Am besten gelingt dies, wenn die Redakteure selbst onlineaffin sind und die neuen Medien auch in ihrem privaten Umfeld aktiv nutzen. Letztlich geht es ja immer darum, sich möglichst gut in das angesprochene Zielpublikum hinein zu versetzen. Wie nutzen meine Leser online? Was erwarten sie? Wie kann ich sie in ihrem beruflichen Interesse effizient unterstützen? Eine effiziente Marktforschung und Managementtools, wie beispielsweise die Substitutionsanalyse, helfen hierbei ein besseres Verständnis zu entwickeln und eine crossmediale Zielgruppenansprache im redaktionellen Alltag zu verankern.

 

Welche Bedeutung haben Social Media Ihrer Meinung nach für Fachverlage? Wie aktiv sollten Fachredakteure Facebook & Co. für ihre Arbeit nutzen?

Michael Himmelstoß: Es wäre vermessen, hier alle Zielgruppen über einen Kamm zu scheren. Im industriellen Bereich, in dem wir tätig sind, spielen Soziale Netze jedoch praktisch keine Rolle. Die Gründe liegen auf der Hand: Geheimhaltungsvereinbarungen und Zutrittsbarrieren zu Facebook & Co führen dazu, dass in diesen Netzen, mit wenigen Ausnahmen, keine substantiellen Informationen ausgetauscht werden. Die Leute nutzen dies eher als elektronische Visitenkarte oder Jobbörse. Aus meiner Sicht macht es für Fachverlage hier keinen Sinn, Ressourcen zu vergeuden. Das Geld verdient hier ohnehin nur einer: Herr Zuckerberg.

 

Wo sehen Sie aktuell die größte Herausforderung bei der Ausbildung der Nachwuchskräfte?

Michael Himmelstoß: Da die Ausbildung in aller Regel als Training on the Job mit begleitenden Seminarveranstaltungen stattfindet, ist es die größte Herausforderung, dass die Chefredakteure ausreichendes Augenmerk auf die spezifischen Anforderungen der Onlinemedien bei der Ausbildung legen. Den Seminarangeboten kommt hier aus meiner Sicht eine Schlüsselrolle zu, da sie am ehesten die Möglichkeit bieten, aktuelle Entwicklungen und Notwendigkeiten in kompakter Form zeitgerecht zu vermitteln. Die Arbeit von Fachredakteuren ist heute hoch komplex und verändert sich stetig weiter, die berufsbegleitende Fortbildung und lebenslanges Lernen ist daher unabdingbar, um die täglichen Herausforderungen meistern zu können und tolle Medien zu machen.

 

Michael Himmelstoß ist Referent des Zertifikatskurses „Fachredakteur Print/Online ADB“, den die Akademie des Deutschen Buchhandels am 9. bis 13.07.2012 in München veranstaltet. Zielgruppe sind junge Fachredakteure, Neu- und Quereinsteiger, die sich praxisnah und kompakt in die crossmediale Redaktionsarbeit einarbeiten möchten. Nähere Informationen <link http: www.buchakademie.de seminare fachzeitschriften fachredakteur_kompakt_ein_intensivkurs_mit_zertifikat.php external-link-new-window>hier.